Gewalt gegen Lehrer in der Schule



In den letzten Jahren hat die Gewalt in der Schule deutlich zugenommen. Verbale Attacken oder tätliche Angriffe gegen Lehrerinnen und Lehrer kommen immer häufiger vor. Mir melden immer mehr Kolleginnen und Kollegen, dass sie verbal angegriffen oder bedroht wurden. Das ist nicht mehr reines Mobbing, sondern weitet sich inzwischen zu regelrechter Gewalt aus.

Reaktionen auf nonverbale und verbale Gewalt in der Schule

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Es ist nicht einfach, auf nonverbale oder verbale Äußerungen der Schüler zu reagieren. Ich erinnere mich an einen Vorfall vor 20 Jahren, als eine Kollegin weinend zu mir gelaufen kam und schluchzte, dass sie keinesfalls mehr in die Klasse 8b ginge. Als sie den Klassenraum betreten habe, habe an der Tafel gestanden: “ Frau Lehmann ist eine alte Votze“. Sie habe das gelesen und sei völlig erschüttert. Sie würde unter keinen Umständen mehr in dieser Klasse unterrichten – koste es, was es wolle.

 

Ich war als Schulleiter auch erschüttert, weil es das erste Mal war, das mir so etwas begegnete. Ich selbst hatte bis zu diesem Zeitpunkt – und auch später – niemals eine verbale oder schriftliche Attacke erlebt. Da die Kollegin sich weigerte, in die Klasse zu gehen und von mir als Schulleiter verlangte, den Schuldigen ausfindig zu machen und von der Schule zu verweisen, war ich gefordert, ad hoc zu reagieren und in die Klasse zu gehen. Als ich den Klassenraum betrat, war es mucksmäuschenstill und die Schülerinnen und Schüler harrten geduckt und gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Sie waren zunächst sehr betroffen, als ich ihnen erzählte, dass die Kollegin weinend und verzweifelt zu mir gekommen sei und erklärt habe, sie würde keinesfalls mehr in dieser Klasse Unterricht erteilen. Nach einer Weile des betretenen Schweigens hob ein Schüler zaghaft den Finger und sagte, das sei eigentlich gar nicht so gemeint gewesen; sie hätten eigentlich nur testen wollen, wie Frau Lehmann auf diese Provokation reagieren würde. Sie hätten gar nichts gegen Frau Lehman, die wäre zwar nicht total beliebt, aber auch nicht verhasst. Ich fragte sie, was sie denn eigentlich erwartet hätten. Manche äußerten, dass sie eigentlich hätte lachen müssen und antworten, dass das für sie ja nicht zuträfe, da sie viel jünger sei. Andere gaben zu bedenken, dass sie auch die Tafelanschrift nicht gebilligt hätten, aber einige Wortführer in der Klasse hätten sich durchgesetzt. Der größte Teil der Klasse fand die Tafelanschrift aber gar nicht so schlimm, weil das ja ein Begriff sei, den sie täglich unter ihren Freunden als Schimpfwort für Mädchen hörten.



An diesem Punkt begriff ich langsam, dass zwischen den Worten und Begriffen, mit denen sich Jugendliche titulieren, himmelweite Unterschiede mit den Worten und Begriffen bestehen, die Erwachsene unter sich verwenden. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse 8b verwenden unter sich dieses Wort leichtsinnig und ohne nachzudenken als Schimpfwort oder als negative Bezeichnung für Mädchen oder Frauen. Sie wollten mit dem Tafelanschrieb einfach testen, wie eine ältere Person auf diese Titulierung reagiert. Wie Jugendliche so sind – machten sie sich überhaupt keine Gedanken darüber, welche Folgen das bei einer Lehrerin auslösen würde. Sie rechneten damit, dass es so sein würde wie bei ihnen selbst – wütend, aggressiv, lächerlich, locker, cool, erstaunt oder völlig gelassen.

Das ist das entscheidende Wort: „gelassen“. Als Lehrerin oder Lehrer müssen Sie gelassen oder humorvoll reagieren. Das ist professionell und das erwarten die Schülerinnen und Schüler. Wenn Sie das nicht tun, verlieren Sie und haben den Test nicht bestanden. Schülerinnen und Schüler ertasten nun mal gern die Grenzen  aller Lehrerinnen und Lehrer. Das wissen Sie wahrscheinlich aus Ihrer eigenen Schulzeit. Damit ergibt sich die wesentliche Frage, wie eine Lehrerin oder ein Lehrer auf verbale Attacken reagieren soll. Manchmal ist das nicht einfach, wenn man allein in der Klasse steht und sich einer solchen Provokation ausgesetzt sieht.

Daher möchte ich Ihnen eine zweite Situation schildern, die ebenfalls 20 Jahre zurück liegt, damit Sie erkennen, dass die verbalen Attacken gar nicht so neu sind:

Bei der wöchentlichen Durchsicht der Klassenbücher fand ich in der Klasse 9b folgenden Eintrag: “ Sebastian hat zu mir gesagt: „Junge, Du hast ja die Eier am Jodeln!“. Das hat den Kollegen so getroffen. dass er es wörtlich ins Klassenbuch eingetragen hat. Als ich es las, war ich zunächst völlig perplex. Wie konnte ein Kollege eine solche Äußerung eines Schülers wörtlich ins Klassenbuch eintragen, wo das doch eine Urkunde war?. Für die nächsten zehn Jahre würde das Bestandteil der Akten sein. Im Grunde genommen musste ich ihm ja Recht geben, denn er hatte diesen Vorfall  – wie auch immer – urkundlich festgehalten
Im Gespräch mit dem Kollegen erfuhr ich, dass ihn diese Bemerkung total erschüttert hätte, dass er solch eine Aussage eines Schülers  noch niemals gehört hätte und dass er an seiner eigenen Autorität zweifeln würde. Er hätte während des Unterrichts geäußert, dass er das ins Klassenbuch eintragen würde und dass das für den Schüler Folgen haben würde.




Vom Schulleiter erwartete er, dass ich den Schüler der Schule verweisen würde. Als ich ihm erklärte, das sei nicht so einfach, weil wir die Hierarchie der Ordnungsmaßnahmen einzuhalten hätten, war er sichtlich enttäuscht. Er war auch nicht bereit, selbst die Sache in die Hand zu nehmen und den Vater des Jungen einzubestellen. Er verlangte einfach den Schutz des Schulleiters vor solchen Beschimpfungen. Ich versuchte ihm klarzumachen, dass seine Autorität steigen würde, wenn er den Schüler selbst der Klasse verwiesen hätte und ihm gesagt hätte, dass er sich so etwas nicht bieten lassen würde und dass er erst wieder in die Schule kommen dürfe, wenn er mit seinem Vater zusammen hier erschiene, sich entschuldigen  und eine freiwillige Buße auf sich nehmen würde.

Ich machte das also anschließend als Schulleiter und schickte den Schüler nach Hause. Der Vater erschien mit dem Jungen und sagte, das sei ja wohl ein Witz, einen Jungen wegen einer solchen Lappalie nach Hause zu schicken. Er würde ihm zu Hause noch was ganz anderes sagen und die Jungen sich untereinander auch. Wieso der Lehrer denn keinen Humor hätte. Das sei doch ganz natürlich. Sie hätten früher noch ganz andere Sachen zu ihrem Lehrer gesagt.

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Das habe ich zwar nicht geglaubt, weil ich in meiner Jugend keinesfalls riskiert hätte, einen Lehrer so zu titulieren, es zeigte aber, welche Haltung hinter den Worten des Vaters stand. Als ich ihn nun fragte, was denn passieren würde, wenn sein Sohn das zu ihm sagen würde, antwortete er, dass er ihn sofort „kräftig in den Arsch getreten“ hätte, denn „so etwas sagt man ja nicht zu seinem Vater.“ Ich fragte weiter, ob er das nicht auch stellvertretend für den Lehrer machen müsste, denn der würde während der Schulzeit ja des Vaters Stelle einnehmen, dürfe aber weder treten noch schlagen. Darauf erwiderte er, dass der Lehrer wahrscheinlich zu wenig Autorität hätte, denn ihm gegenüber würde sein Sohn das gar nicht riskieren.

Solche Diskussionen muss man häufig mit Eltern führen, weil sie nicht wissen, dass den Lehrerinnen und Lehrern in der Schule nicht die Erziehungsmittel der Eltern zur Verfügung stehen – auch, weil sie manchmal gar nicht gewünscht sind. Im vorigen Fall gab ich dem Vater die Aufgabe mit, nach seinem Erziehungsverständnis eine Erziehungsmaßnahme bei seinem Sohn anzuwenden und dafür zu sorgen, dass dieser mit einer entsprechenden Entschuldigung bei dem Kollegen vorstellig würde.

Nach der Entschuldigung am  nächsten Tag sprach ich selbst als Schulleiter noch einmal mit dem Schüler und machte ihm klar, dass er um eine Ordnungsmaßnahme nicht herumkomme, denn der Klassenbucheintrag sei nun einmal vorhanden und könne auch nicht mehr gelöscht werden. Ich würde mich aber dafür einsetzen, dass es zu keiner Konferenz mit einem entsprechenden Beschluss käme, wenn er nachmittags zwei Stunden den Putzfrauen beim Putzen der Toiletten helfen würde oder alternativ nebenan im Altersheim einer gebrechlichen Frau beim Einkaufen helfen und mit ihr spazieren gehen würde. Das hat er dann auch getan. Im Gespräch versuchte er mir verständlich zu machen, dass er alles gar nicht so gemeint hätte, denn der Lehrer hätte im Unterricht erst über seine Hausaufgaben gemeckert, dann seine schlechte Schrift beklagt und schließlich auch noch seine Dreiecksberechnung kritisiert. Da sei er eben wütend geworden und habe das gesagt, was er auch zu seinen Mitschülern gesagt hätte. Das sei ihm eben so herausgerutscht, sei zwar sehr provokativ gewesen und er habe natürlich auch gegenüber seinen Mitschülern seine verbale Stärke demonstrieren wollen, sei sich aber der Tragweite seiner Wortwahl keinesfalls bewusst gewesen.

Ähnliche Situationen und verbale Provokationen treten täglich in der Schule auf. Ein Standardkonzept zur Behandlung von verbalen Entgleisungen gibt es nicht, weil jede Kollegin oder jeder Kollege anders reagiert. Am besten reagiert man jedoch mit einer humorvollen Bemerkung, einer gezielten Zurechtweisung oder einer angemessenen Buße. Im Endeffekt kommt man nicht um Klassenregeln und Gesprächsregeln herum, an die sich alle zu halten haben. Und wenn man Regeln aufstellt, muss man auch jeweils entsprechende Sanktionen vereinbaren, die dann meist klaglos akzeptiert werden.




Hilfreich ist auch, gelassen zu bleiben und sich zu fragen, was Schülerinnen oder Schüler veranlasst haben könnte, so zu reagieren. Oft kennt man die Hintergründe nicht, die ihre Aggressivität oder ihren inneren Missmut so hochgeschaukelt haben, dass sie sich so geäußert haben. Irgendwelche Ursachen  gibt es immer. In dem Moment der wütenden Provokation reagiert eine Lehrperson ähnlich aggressiv, aber auf einer anderen Ebene. Dennoch ist die Reaktion in den meisten Fällen eine Demonstration der Stärke, weil die eigene Schwäche überbrückt werden soll. Aber könnte nicht auch die Reaktion so aussehen, dass man zunächst einmal erklärt, dass einen eine solche Aussage oder Bezeichnung sehr trifft, dass man sie sich nicht gefallen lässt und dass man den Schüler fragt, was ihn denn dazu veranlasst hat, dies jetzt genau zu sagen. Damit kommt man an die Hintergründe der Tat und kann wesentlich adäquater reagieren. Leider hat man als Lehrer in der entsprechenden Situation nicht immer die notwendige Gelassenheit und den notwendigen Abstand, um richtig zu reagieren.

Strafrechtlich ist gegen solche Attacken kaum etwas zu machen. Es muss nämlich ein Straftatbestand vorliegen, der gesetzlich als solcher definiert ist. Das könnte also  in den vorliegenden Fällen durchaus eine Beleidigung sein, die nach $ 185 StGB mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden kann. Aber dazu muss eine Strafmündigkeit vorliegen. Die ist nicht gegeben, wenn der Schüler oder die Schülerin nicht mindestens 14 Jahre alt ist. Kinder unter 14 Jahren können strafrechtlich nicht belangt werden, sondern es kommen lediglich erzieherische Maßnahmen in Betracht. Ansprechpartner ist das Jugendamt, das aber die Bälle an die Schule zurückspielt, weil dort ja Profis unterrichten, die in puncto Erziehung professionell ausgebildet sind und mit solchen Situationen umgehen können. Auch die Bezirksregierung argumentiert so: Eine Lehrerin oder ein Lehrer sei dafür ausgebildet worden, Kinder zu unterrichten und zu erziehen. Die tägliche Unterrichts- oder Erziehungsarbeit bringe es mit sich, dass derartige Situationen auftreten könnten, die dann von einer Lehrkraft beherrscht werden müssten. Das sei eben ihr Job. Und man wisse ja, dass man es mit Kindern oder Jugendlichen zu tun habe, die unfertig seien, die spontan reagierten oder die Tragweite ihrer Handlungen  noch nicht erkennen könnten.

Von daher ist also von der Bezirksregierung keine Unterstützung zu erwarten.
Jede Kollegin oder jeder Kollege muss sich also selbst helfen. Das bedeutet, dass sie oder er die erzieherischen Maßnahmen ausschöpfen muss, die nach § 53 SchG zur Verfügung stehen:

  • Das erzieherische Gespräch mit dem Schüler oder der Schülerin,
  • die Ermahnung,
  • Gruppengespräche mit Schülerinnen und Schülern und Eltern,
  • die mündliche oder schriftliche Missbilligung des Fehlverhaltens,
  • der Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde,
  • die Nacharbeit unter Aufsicht nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern ( = „Nachsitzen“,
  • die zeitweise Wegnahme von Gegenständen,
  • Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedergutmachung angerichteten Schadens,
  • die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen,
  • schriftliche Information der Eltern mit der Bitte, die erzieherische Einwirkung der Schule zu unterstützen,
  • spezielle Reaktionen der Schule bei Wiederholungen oder in schwerwiegenden Fällen.

Es gibt natürlich noch mehr erzieherische Maßnahmen. Der Katalog ist abschließend, sondern jede Lehrerin oder jeder Lehrer kann angemessene Formen von erzieherischer Einwirkung festlegen. Es ist dabei kein förmliches Verfahren einzuhalten. Beschwerden können dagegen durchaus eingelegt werden.

Wenn erzieherische Maßnahmen nicht ausreichen, müssen Ordnungsmaßnahmen angewendet werden. Das Schulgesetz definiert diese im § 53 (3):

  1. der schriftliche Verweis,
  2. die Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe,
  3. der vorübergehende Ausschluss vom Unterricht von einem Tag bis zu zwei Wochen und von sonstigen Schulveranstaltungen,
  4. die Androhung der Entlassung von der Schule,
  5. die Entlassung von der Schule,
  6. die Androhung der Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde,
  7. die Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde.

Der § 53 SchG ist praktisch die gesetzliche Grundlage für den Lehrer, auf deren Basis er pflichtwidriges Verhalten von Schülerinnen und Schülern ahnden kann. im Gegensatz zu den erzieherischen Maßnahmen sind Ordnungsmaßnahmen Verwaltungsakte, gegen die Widerspruch eingelegt werden kann.

Im Normalfall bedeutet das, dass die Reihenfolge der Ordnungsmaßnahmen eingehalten werden muss, weil sie eine Steigerung bedeuten. Über die ersten drei Maßnahmen entscheidet der Schulleiter oder die Schulleiterin, über Nr. 4 und 5 die Teilkonferenz, die von der Schule für Ordnungsmaßnahmen eingerichtet wurde.
Schulen haben immer wieder Probleme mit dieser Reihenfolge, die zwingend vorgegeben ist, weil oft Situationen auftreten, bei denen die Konferenz der Meinung ist, es müsse die sofortige Entlassung des Schülers erfolgen. Ordnungsmaßnahmen müssen der Schwere des Fehlverhaltens angemessen sein. So hat es das Verwaltungsgericht Düsseldorf am 11.5.2011 als nicht verhältnismäßig angesehen, dass ein Schüler wegen einer Schlägerei auf dem Schulhof entlassen wurde.

Es fehlt zwar im Schulgesetz die Formulierung, dass einer Entlassung in jedem Fall die Androhung der Entlassung vorausgehen muss, aber das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass die Reihenfolgen eingehalten werden muss und nur in Ausnahmefällen davon abgewichen werden darf (Entscheidung vom 21.4.2006  Az. 19 B 742/06). Bei Angriffen auf Lehrer kann das zum Beispiel gerechtfertigt sein, bei Cybermobbing oder auch bei massiven Attacken physischer oder verbaler Art – wie etwa einer Bedrohung mit dem Tode.

Reaktionen auf tätliche Attacken / Gewalt in der Schule

Vor einigen Jahren berichtete mir eine Lehrerin, dass sie während der Aufsicht auf dem Schulhof zu Hilfe gerufen wurde, weil sich in der Schulhofecke zwei Schüler des 9. Schuljahres massiv prügelten. Ein Pulk Jungen stand um sie herum und feuerten sie an. Die Lehrerin ging dazwischen und forderte sie laut und kräftig auf, sofort damit aufzuhören. Diese kümmerten sich nicht darum, sodass die Lehrerin einen Jungen am Arm festhielt und zu beruhigen versuchte. In diesem Augenblick erhielt sie von dem groß gewachsenen anderen Jungen einen Faustschlag ins Gesicht, der sie zum Torkeln und zum Sturz auf den Schulhofboden brachte. Sie verletzte sich sich daraufhin mit einem komplizierten Splitterbruch des rechten Schultergelenks und musste mehrere Monate aussetzen. Auch nach einer Reha-Maßnahme konnte sie den Arm nicht mehr schmerzfrei anheben, um etwas an die Tafel zu schreiben.

Bluttat an der Gesamtschule in Lünen

An einer Gesamtschule in Lünen ist ein 14-Jähriger erstochen worden. Der mutmaßliche Täter, ein 15-Jähriger, wurde festgenommen. In seiner Vernehmung sagte der Junge aus, das spätere Opfer habe seine Mutter „provozierend“ angeschaut.

Lesen Sie den ausführlichen Bericht auf rp-online  vom 23.1. 2018 und schauen Sie sich das Video über den Ermittlungsstand an.

Der Vorfall wurde als Dienstunfall von der Bezirksregierung anerkannt und zu den Akten genommen. Zur Rechenschaft gezogen wurde der Schüler nicht, weil die Lehrerin keinen Strafantrag gestellt hatte. Die Bezirksregierung stellte nach einem Bericht der Lehrerin auch keinen. Die umstehenden Mitschüler erklärten, der Junge sei so in Rage und blind vor Wut gewesen, dass der Schlag ja nicht der Lehrerin, sondern dem anderen Schüler gegolten hätte. Und so sei es keinerlei Absicht gewesen, die Lehrerin zu verletzen.
In einem anderen Fall wurde einer Lehrerin an ihrem Cabriolet das Dach aufgeschlitzt, nachdem sie am Morgen die Zeugnisse verteilt hatte. Einige Schüler hatten sich mit großem Missfallen und wütend über ihre schlechten Noten beklagt. Die Schuld gaben sie der Lehrerin, die nicht so nachsichtig mit ihnen umgegangen sei wie andere Kolleginnen.Als sie am Mittag nach Hause fahren wollte und ihren Wagen  mit dem aufgeschlitzten Dach auf dem Lehrerparkplatz stehen sah, forderte sie, dass die Täter bestraft würden und stellte Strafantrag. Die Polizei nahm die Anzeige auf und ermittelte den Täter. Das Strafmaß bestand in einer gewissen Anzahl von Arbeitsstunden, den der Schüler abzuleisten hatte. Den Schaden musste die Lehrerin in einem Zivilprozess geltend machen, wobei die Eltern von der Sozialhilfe lebten und es bei ihnen nichts zu holen gab. Auch in diesem Fall hat sich die Bezirksregierung völlig herausgehalten und alles der Lehrerin überlassen.

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Gewalt an Schulen

Da Schulen an sich ziemliche sichere Institutionen sind, gibt es wenig Statistiken über die Gewalt an Schulen. Weder das Schulministerium noch die zuständigen Bezirksregierungen führen darüber Protokoll. Außerdem melden viele Schulen gar keine Vorfälle, weil sie Angst haben, in einen schlechten Ruf zu kommen. Das ist ähnlich so wie mit den Drogenfunden.
Am besten wissen noch die Unfallversicherungen darüber Bescheid. Die Gemeindeunfallversicherungs-verbände haben lediglich eine Statistik von 2014, die besagt, dass lediglich 1% der Schulunfälle auf Gewalt zurückzuführen waren. Dabei waren zu 70% Jungen daran beteiligt. Die meisten Vorfälle ereigneten sich an Hauptschulen.
Allerdings nimmt die Zahl der Gewalttaten an den Schulen in NRW stetig zu. Von 2015 bis 2016 war ein Anstieg von 5,4% zu verzeichnen. 2017 haben sie wiederum um 4,9% zugenommen. Das ist natürlich auch ein gesellschaftliches Problem. Die Polizei weiß ein Liedchen davon zu singen. Im Jahre 2016 wurden an den Schulen 26662 Straftaten verübt, wobei es sich bei den meisten um  Sachbeschädigung, Nötigung bzw. Bedrohung oder Rauschgiftdelikte handelte. Am häufigsten fallen neben der Sachbeschädigung Diebstahl und Körperverletzung auf.
Die Polizei spricht davon, dass immer mehr Jugendliche ein Messer oder eine andere Waffe bei sich tragen. „Bei den 15- bis 30-jährigen Männern gehören Messer längst zur Grundausstattung“. Anderseits stellt man ja auch fest, dass immer mehr Mädchen Pfefferspray und Reizgas in den Handtaschen haben und auch in den Schulen damit herumsprühen.

Standardwerk ist die Handreichung der Bezirksregierung Münster von 2017 „Gewalt gegen Lehrkräfte„, die auf 56 Seiten die verschiedenen Formen und entsprechende Hilfen zusammenfasst.

Inzwischen hat das Schulministerium aber begriffen, dass die Gewalt gegen Lehrkräfte stark zugenommen hat und stellt auf seinem Bildungsportal auch differenzierte Handlungsempfehlungen und Präventionsmöglichkeiten bereit.

Auch der VBE hat eine Broschüre mit dem Titel „Das Tabu brechen – Gewalt gegen Lehrkräfte“ herausgebracht, die als Zusammenfassung der Forsa-Umfrage dient, die im Herbst 2016 durchgeführt wurde. Mit Erschütterung kam dabei heraus, dass über die Hälfte der Befragten bestätigte, dass an ihrer Schule psychische Gewalt an der Tagesordnung sei. Körperliche Gewalt gegen Lehrkräfte bestätigten 20 %. Laden Sie sich die 79-seitige Handreichung herunter.

Unterstützung durch die Schulaufsicht bei verbalen oder tätlichen Angriffen auf Lehrerinnen und Lehrer

In der Vergangenheit war es so, dass Kolleginnen und Kollegen ziemlich allein dastanden, wenn ein Schüler sie vors Schienbein getreten oder geschubst hat. Ich habe erlebt, wie eine Kollegin, der ein Schüler des 3. Schuljahres wütend in den Unterleib getreten hatte, weil er sich ungerecht behandelt fühlte, keine Unterstützung von der Bezirksregierung erhielt. Sie sollte Strafanzeige gegen den Schüler stellen und eine Zivilklage gegen die Eltern einreichen. Man teilte ihr mit, dass die Schulaufsicht nicht einschreiten würde, sondern es sei ihre persönliche Angelegenheit.Das schockte sie sehr, weil sie sich in einem großen Dilemma befand: Einmal wusste sie, dass es sich um einen Schüler handelte, der ganz ok. war, der aber von Zeit zu Zeit gefährliche Wutausbrüche bekam, wenn ihm etwas nicht passte, zum anderen schmerzte ihr Unterleib sehr und sie hatte sich in ärztliche Behandlung begeben müssen und sah nicht ein, dass sie sich das alles im Dienst gefallen lassen müsste.

Schließlich war es Aufgabe der Eltern, diesen Knaben besser zu erziehen, damit er nicht gemeingefährlich wurde. Sie hätte also Strafantrag stellen und eine Klage gegen die Eltern einreichen müssen.

Aber wer macht das schon, wenn ihm die Kinder anvertraut sind. Ist das nicht auch ein Vertrauensbruch?
Die Kollegin hatte von der Schulaufsicht erwartet, dass se von sich aus tätig wurde und eine Lehrerin aus Fürsorgegründen schützen würde, die in der Schule in Ausübung ihres Dienstes körperlich verletzt wurde. Aber nichts da. Die Bezirksregierung hält sich aus allem heraus und es passiert nichts, wenn die Lehrerin nicht selbst etwas unternimmt. Ähnlich erging es einer Kollegin, die nach dem Pausenklingeln zusammen mit den Schülerinnen und Schülern die Treppe hinunter ging. In dem dichten Gedränge wurde sie von hinten geschubst und stürzte die Treppe hinunter, wobei sie sich Abschürfungen im Gesicht zuzog und ein Bein brach. Im Fallen drehte sie sich noch um und erkannte den Schüler, der sie offensichtlich geschubst hatte. Sie stellte in der Tat einen Strafantrag gegen diesen Schüler des 10. Schuljahres, den sie als ziemlich aggressiv und aufmüpfig aus ihrem eigenen Unterricht kannte. Der Vater des Jungen war empört und stellte Strafantrag gegen die Lehrerin wegen übler Nachrede. Der Schüler hatte nämlich ausgesagt, dass er zwar gegen die Lehrerin gefallen sei, aber das nur deshalb, weil er selbst von hinten geschubst worden sei und nicht wisse, wer ihn geschubst hätte. Er habe gar nichts dafür gekonnt, dass er auf die Lehrerin gefallen sei. Er sei selbst gestolpert und habe sich nur mit Mühe vor dem Fallen retten können.

So passierte wiederum gar nichts, sondern die Lehrerin blieb auf ihrem gebrochenen Bein sitzen und die Bezirksregierung hielt sich aus allem heraus.

So ist das auch bei dem nebenstehenden Beispiel:

Natürlich hilft dem Lehrer keiner, sondern er musste sich einen Strafverteidiger nehmen, weil eine Anzeige wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung vorlag. Am 24. August 2016 hatte ihn der Richter zwar vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen, ihn aber wegen der Freiheitsberaubung verwarnt. Er erhielt die Auflage, an einer Fortbildungsmaßnahme zum richtigen Umgang mit schwierigen Schülern teilzunehmen. Zunächst hatte sich der Lehrer erleichtert gezeigt, weil der Vorwurf der Körperverletzung fallengelassen wurde – ein Schüler hatte nämlich angegeben, von ihm in den Magen geboxt worden zu sein. Auf Anraten seines Anwalts hat er aber inzwischen Berufung eingelegt. Der fürchtet nämlich, dass das Urteil Signalwirkung haben könnte und andere Schüler dadurch animiert würden, das Urteil gegen Lehrer zu verwenden. Jetzt soll sich als nächsthöhere Instanz das Landgericht Düsseldorf mit dem Fall beschäftigen. Inzwischen hat auch der Staatsanwalt das Verfahren neu aufgegriffen.
Das Landgericht Düsseldorf hatte anschließend im Revisionsverfahren den Lehrer freigesprochen, weil es keine Straftat feststellen konnte. Das war für alle Beteiligten eine Erleichterung, aber der Staatsanwalt hatte sich nicht damit zufrieden gegeben, sondern Revision angekündigt. Erst am 16. März 2017 zog er seine Revision zurück, sodass nunmehr der Freispruch rechtskräftig ist.
Trotz allem stellten die zwei Jahre dieses Verfahrens eine starke psychische Belastung für den Lehrer dar.

Lehrer sperrte Schüler für Strafarbeit ein

NEUSS/KAARST (RP) Dieser Fall wird wohl bundesweit für Schlagzeilen sorgen: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat Anklage gegen einen Lehrer aus Willich erhoben. Dem Mann wird vorgeworfen, Schüler einer Kaarster Realschule eingesperrt und verletzt zu haben. Jetzt muss sich der 50-Jährige wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verantworten. Das hat das Neusser Amtsgericht gestern mitgeteilt.
Lesen Sie denBericht  der Rheinischen Post vom 20. 7. 2016 über den ungewöhnlichen Fall, der sich im April 2015 zugetragen hat.

Nach einer Verfügung der Bezirksregierung vom 4.7.2011 sieht es jetzt etwas besser aus; in dem Text heißt es:

1. „Wird die Lehrkraft in Ausübung ihres Dienstes oder im Zusammenhang mit ihrem Dienst körperlich angegriffen, werde ich als Dienstvorgesetzter in der Regel Strafantrag wegen Körperverletzung (§ 230 Abs. 2 Strafgesetzbuch – StGB -) stellen.
2. Wird die Lehrkraft in Ausübung ihres Dienstes oder im Zusammenhang mit ihrem Dienst beleidigt, werde ich als Dienstvorgesetzter in der Regel einen Strafantrag nach § 194 Abs. 3 StGB wegen Beleidigung stellen.

Bei schwereren Delikten werde ich als Dienstvorgesetzter grundsätzlich selbst Strafanzeige erstatten.“

Voraussetzung ist allerdings, dass die Kollegin oder der Kollege selbst einen Strafantrag stellt. Ohne diesen wird die Bezirksregierung nicht tätig. Zunächst einmal muss man unterscheiden zwischen einem „Antragsdelikt“ und einem „Offizialdelikt“ . Bei einem Antragsdelikt wird die Staatsanwaltschaft nur tätig, wenn der Betroffene einen Strafantrag stellt. Bei einem Offizialdelikt wird sie von sich aus tätig. Das ist der Fall, wenn ein öffentliches Interesse besteht, den Täter zu bestrafen. Bei einer Beleidigung oder einem Hausfriedensbruch  ist das nicht der Fall, bei einer Körperverletzung liegt das im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Im Gegensatz dazu sind Einbruch, Diebstahl oder Betrug in der Regel Offizialdelikte.

Man kann also jedem nur raten, einen Strafantrag zu stellen, wenn es sich um Tatbestände handelt, die einen Strafantrag rechtfertigen.  Aber welche sind das? Im Folgenden gebe ich Ihnen dazu einige Hinweise:

Rechtsverletzungen in der Schule als Voraussetzung für einen Strafantrag

Voraussetzung für einen Strafantrag ist eine strafbare Handlung, das heißt, es muss eine Rechtsverletzung vorliegen. Solche Rechtsverletzungen sind im Strafgesetzbuch aufgeführt:

  • § 185 StGB Beleidigung
    Unter einer Beleidigung wird eine Verletzung der persönlichen Ehre eines Menschen verstanden. Das geht deutlich über eine Taktlosigkeit oder Unhöflichkeit hinaus. Die Beleidigung muss ehrabschneidend sein, also ein Werturteil ausdrücken, das deutlich die Ehre eines Menschen verletzt. Dabei ist es nicht entscheidend, welche Worte verwendet werden, sondern in welchem Zusammenhang diese Worte gebraucht werden. Wenn Schüler untereinander „Du Arsch, fick dich ins Knie!“ sagen, so mag das keine Ehrverletzung sein, wenn sie es zu einem Lehrer sagen, sieht die Sache schon anders aus. Auch eine Geste, wie der „Stinkefinger“, kann eine Beleidigung sein. Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet. Wenn sie im Zusammenhang mit einer Tätlichkeit begangen wird, wird sie mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
    In der Realität wird man sich als Lehrerin oder Lehrer natürlich genau überlegen, ob man eine Beleidigung als echten und wirklichen Vorsatz wertet oder als emotionale Entgleisung, die dann Ausdrücke hervorbringt, wie sie unter Schülerinnen und Schülern üblich sind. Man unterstellt Pädagogen aufgrund ihrer Ausbildung und ihres täglichen Umgangs mit Jugendlichen ein gewisses Verständnis für verbale Entgleisungen und auch eine professionelle Reaktion auf derartige Äußerungen.
  • § 186 StGB Üble Nachrede
    Die üble Nachrede ist eine  Form der Beleidigung, die eine Schülerin oder ein Schüler nicht direkt gegenüber der Lehrerin oder dem Lehrer äußert, sondern gegenüber einer dritten Person. Wird zum Beispiel behauptet, dass die Lehrerin Lehmann am Wochenende regelmäßig betrunken Auto fährt, so wird die Lehrerin in der Öffentlichkeit herabgewürdigt. Diese Behauptung stellt zunächst eine üble Nachrede dar, die mit einer Geldstrafe oder  einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet wird. Stellt sich allerdings die Behauptung als wahr heraus, so entfällt der Strafbestand der üblen Nachrede.
  • § 187 StGB Verleumdung
    Im Gegensatz zur üblen Nachrede ist bei einer Verleumdung der Person, die verleumden will, bekannt, dass es sich um eine unwahre Behauptung handelt. Eine Schülerin behauptet etwa, dass der Lehrer sie beim Nachhilfeunterricht sexuell belästigt habe. Im Unterschied zur üblen Nachrede ist ihr aber die Unwahrheit der ehrverletzenden Tatsachenbehauptung bekannt. Das wirkt sich auf auf das Strafmaß aus, denn die Verleumdung wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

Die modernen Kommunikationsmedien schaffen weitere Formen von strafbaren Handlungen, die sich auf die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Lehrerinnen und Lehrern beziehen.

  • § 201 StGB Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes
    Unterricht ist eine nichtöffentliche Veranstaltung, weil die dort fallenden Worte nur einem beschränkten Zuhörerkreis zugänglich gemacht werden. Deshalb ist es auch nicht erlaubt, die Gespräche des Lehrers ohne seine Zustimmung auf einen Tonträger aufzunehmen. Handys eignen sich hervorragend für solche Zwecke. Es gibt auch Kugelschreiber mit Kameras und Mikrofonen; auch Abhörgeräte dürfen nicht in der Klasse installiert werden. Dabei ist es gleichgültig, ob ein Gedicht aufgesagt wird, ein Telefongespräch aufgenommen wird oder eine Musik mitgeschnitten wird. Die Aufnahmen dürfen auch nicht im Internet veröffentlicht werden. Das Vergehen wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.
  • § 201a StGB  Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen
    Dieser Paragraf ist 2004 in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden, weil nicht nur das persönliche Wort geschützt werden muss, sondern auch der persönliche Lebensbereich. In gleicher Weise wie bei Tonaufnahmen ist die Klasse auch für Videoaufnahmen oder Fotos ein geschützter Raum, aus dem nichts veröffentlicht werden darf, wenn die betreffende Person nicht zustimmt. Die Verletzung ist ein Vergehen, das mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft wird. Dieser Paragraf (wird auch „Paparazzi-Paragraf“ genannt) sollte auch im Unterricht eingehend behandelt werden, denn die Handys mit eingebauten Kameras sind inzwischen ein beliebtes Spielzeug zum Fotografieren in Toiletten, Umkleidekabinen oder in der Klasse geworden. Auch das Zugänglichmachen solcher Aufnahmen für andere ist strafbar.
  • $ 202 StGB Verletzung des Briefgeheimnisses
    Wer sich ohne Zustimmung der Betroffenen Kenntnis von Schriftstücken verschafft, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die Schriftstücke können Tagebücher, Fotos, oder Briefe sein. SMS und E-mails sind in diesem Paragrafen noch nicht erfasst, wohl ist ausgeführt, dass es sich bei den Schriftstücken um verschlossene Schriftstücke handeln muss. Während eine Postkarte also ohne weiteres gelesen werden darf, ist das Öffnen eines Briefes nicht gestattet. Auf E-mails übertragen, würde das bedeuten, dass die E-mail verschlüsselt sein muss oder dass der Computer bzw. das Handy mit einem Passwort versehen ist, um das unbefugte Mitlesen zu verhindern. Entscheidend ist als das unbefugte Mitlesen. Eltern können durch das Sorgerecht also durchaus befugt sein, die Post zu lesen.
  • § 202a StGB Ausspähen von Daten
    Dieser Zusatzparagraf bezieht sich auf den unberechtigten Zugang von Daten auf einem Computer, einem Handy oder einem sonstigen Gerät, auf dem Daten elektronisch, magnetisch oder sonstwie gespeichert sind. Dieser Paragraf wird auch als „Hackerparagraf“ bezeichnet und
  • § 202b Abfangen von Daten
    Wer sich unbefugt Daten verschafft, die für andere bestimmt sind und dafür technische Mittel einsetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
  • § 202c Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens von Daten
    Dieser Paragraf wird auch als „Hackerparagraf“ bezeichnet und ist quasi die Zusammenfassung  der §§ 202a,b und c. Er ist 2007 in Kraft getreten und stellt die Software und die technischen Materialien unter Strafe, die zum Ausspähen von Daten verwendet werden. Auch hier ist bei Nutzung dieser Hilfsmittel eine Gefängnisstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vorgesehen.
  • § 238 StGB Nachstellung
    Die Palette dessen, was man im Strafgesetzbuch unter „Nachstellung“ versteht, ist im Zeitalter der Handys, Videokameras und Nachtsichtgeräte außerordentlich groß. Inzwischen wird für das deutsche Wort Nachstellung weitgehend der englische Fachausdruck „Stalking“ verwendet. Damit sind alle Versuche gemeint, bei denen eine Person durch vorsätzliches Verfolgen oder Belästigen in ihrem Persönlichkeitsrecht und in ihrer freiheitlichen Lebensgestaltung beeinträchtigt wird. Leichtere Formen sind Telefonanrufe, SMS und E-mails zu allen möglichen Gelegenheiten. Liebesbriefe, Blumen oder Geschenke sind vielleicht noch erträglich, aber Warenbestellungen auf den Namen des Opfers oder Verleumdungen sind kein Spaß mehr und erfüllen den Tatbestand einer Straftat, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet wird.
    Dieser Bereich führt zu sehr vielen Formen des Cybermobbings, die ich auf einer gesonderten Webseite beschreiben werde.

Gewalt in der Schule kann natürlich noch andere Formen annehmen, indem die Freiheit einer Lehrerin oder eines Lehrers durch Nötigung oder Bedrohung beschnitten werden soll.

  • § 240 StGB Nötigung
    Das Strafgesetz versteht unter „Nötigung“ die rechtswidrige Ausübung oder Androhung von Gewalt, um jemanden zu einer bestimmten Handlung zu zwingen, etwas zu erdulden oder zu unterlassen. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Schüler droht, die Reifen des Lehrerautos zu zerstechen, wenn er nicht versetzt wird. Eine solche Straftat wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Selbst der Versuch einer Nötigung ist strafbar.
  • § 241 Bedrohung
    Bei einer Bedrohung wird der Lehrerin oder dem Lehrer die Begehung eines Verbrechens angedroht. Das hört sich schlimm an, ist aber eine juristische Unterscheidung zu dem Begriff des „Vergehens“, das eine minder schwere Rechtsverletzung darstellt. Es muss sich bei der Bedrohung um eine Straftat handeln, die mit mindestens einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe geahndet wird. Es reicht auch, wenn die angedrohte Tat nur vorgetäuscht wird. Wenn also ein wütender Schüler der Lehrerin droht: „Ich kenne ein paar Typen, die werden dafür sorgen, dass Ihr Auto in Flammen aufgeht!“, so ist das durchaus ein solcher Fall.

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Straftaten an Düsseldorfer Schulen nehmen zu

Nach den Unterlagen der Polizei von Düsseldorf und dem Landeskriminalamt NRW sind in den letzten Jahren folgende Delikte in Düsseldorfer Schulgebäuden oder auf dem Schulgelände zur Anzeige gebracht worden:

Art der Straftat2014201520162017
Körperverletzung72774672
Diebstahl230248213238
Raub4225
Sexuelle Belästigung6483

Sachbeschädigungen

Beleidigung

Hausfriedensbruch u.a.

1048186117
Summe der Straftaten416412355435

Es handelt sich natürlich nur um die Fälle, die zur Anzeige gebracht wurden (Berufskollegs ausgenommen). Die Dunkelziffer liegt viel höher. Die 180 Düsseldorfer Schulen werden im Schuljahr 2017/18 von rund 75 000 Schülerinnen und Schülern besucht. Es zeigt sich die Tendenz, dass viele Vergehen nicht mehr intern intern in den Schulen geregelt, sondern öffentlich angezeigt werden. Die Aggressivität steigt besonders bei den jüngeren Schülern, die anderen Gewalt androhen.

Strafanzeige oder nicht?

Als Lehrerin oder Lehrer steht man immer vor der schwierigen Frage, ob ein Strafantrag sinnvoll ist oder nicht. Schließlich hat man es mit Kindern und Jugendlichen zu tun, die die Tragweite ihrer Handlung nicht erkennen oder so impulsiv handeln, dass man ihnen hinterher verzeihen muss, weil sie es bereuen. Außerdem sind sie dem Lehrer oder Erzieher anvertraut und diese müssen bestrebt sein, dass Vertrauensverhältnis nicht nur aufzubauen, sondern es auch nicht durch solche Maßnahmen zu zerstören. Ich habe es selbst erlebt, dass ein Schüler aus der Chemiesammlung der Schule immer heimlich einige Teile „mitgehen“ ließ, ohne dass ich es bemerkte. Erst, als der Bestand von sehr teuren Geräten wie Feinwaagen und elektrischen Messgeräten drastisch abnahm, konnte ich den Täter aufgrund von Hinweisen anderer Schüler ermitteln. Es war einer meiner besten Schüler – er hatte alle Geräte für den Aufbau seines privaten Labors gestohlen und besaß sie noch alle. Ich erklärte ihm, dass er straffrei ausginge und dass es unter uns bliebe, wenn er alles komplett wieder zurückbrächte. Das tat er dann auch und ich verhalf ihm zu Nachhilfestunden und eigenen Geräten, die er sich dann kaufen konnte. Es kam nichts mehr weg aus der Sammlung.

Drei Jahre später war seine Mutter bei mir in der Sprechstunde am Elternsprechtag und beschwerte sich, dass sie als Alleinerziehende überhaupt nicht mehr klar käme mit ihm und dass er auf die schiefe Bahn käme, weil er so einen schlechten Charakter hätte. Im weiteren Verlauf des Gesprächs beruhigte ich sie, indem ich ihr erklärte, dass sein Charakter gar nicht so schlecht sein könnte, weil er mir vor drei Jahren einige Geräte, die er gestohlen hatte, wieder komplett zurückgebracht hätte. Ich bat sie, ihm nichts davon zu sagen, weil ich ihm versprochen hätte, keinem etwas davon zu erzählen. Prompt warf sie ihm das zu Hause vor und beschimpfte ihn. Von dem Tag an war mein Vertrauensverhältnis gebrochen. Ich hatte es verdorben. Er sah mich nie mehr an. Und wenn ich ihn sah, hatte ich ein schlechtes Gewissen.

Daraus habe ich gelernt, dass man Vereinbarungen, die man mit den Schülerinnen oder Schülern getroffen hat, niemals an die Eltern weitergeben darf.
So muss auch jede Kollegin und jeder Kollege wissen, wie man mit Gewalterscheinungen umgeht, die in der Schule nun mal auftreten.

Schüler attackiert vier Lehrerinnen

Düsseldorf. Kritik von Frauen anzunehmen, stellt einen 15 Jahre alten Schüler offenbar vor große Probleme. Nach insgesamt vier Gewaltausbrüchen gegen Lehrerinnen muss der Teenager erstmals auf die Anklagebank beim Düsseldorfer Jugendgericht.
Lesen Sie den Bericht in der Rheinischen Post vom 7.9.2015

Ein Wort noch zur Durchsetzung von Strafanträgen:

Wenn Kinder oder Jugendliche für eine Straftat zur Verantwortung gezogen werden sollen, muss eine Strafmündigkeit gegeben sein. Das deutsche Strafgesetzbuch schreibt vor, dass Personen, die zum Zeitpunkt der Tat jünger als 14 Jahre alt sind, nicht schuldfähig sind und also strafrechtlich nicht belangt werden können. Evtl. kann das Jugendamt oder das Familiengericht irgendwelche Maßnahmen anordnen. Unabhängig davon kann ein zivilrechtlicher Anspruch gegen das Kind bzw. seine Erziehungsberechtigten  geltend gemacht werden, weil Minderjährige zwar nicht straffähig, aber durchaus deliktsfähig sein können. Darunter versteht man, dass  Kinder zwischen 7 und 10 Jahren die Verantwortungsreife für bestimmte Delikte (= unerlaubte Handlungen) haben können. Das muss aber durch einen Richter festgestellt werden.

Jugendliche im Alter von  14 bis 17 Jahren sind für Ihre Handlungen verantwortlich, wenn sie zum Zeitpunkt der Tat nach ihrer sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug sind, das Unrecht ihrer Tat einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln. Für sie kommt das Jugendstrafrecht zur Anwendung – das ist ein Sonderstrafrecht für junge Täter, die sich zur Tatzeit im Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenenalter befinden. Im Strafgesetzbuch wird die Höhe der Strafe nach der Schuld des Täters festgesetzt, im Jugendstrafrecht stehen jedoch vor allem erzieherische Gesichtspunkte im Vordergrund. Das Jugendstrafrecht wird bei Schülern durchweg auch noch angewendet, wenn sie bereits 18 Jahre alt sind; sie werden dann als Heranwachsende behandelt.

Thema/TitelInternet-Adresse
Die gesetzlichen Grundlagen finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums der Justiz, die unter dem Begriff „Juris“ das Strafgesetzbuch und andere Rechtsvorschriften für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.http://www.gesetze-im-internet.de
Der VBE hat einen Serviceratgeber zum Thema „Das Tabu brechen – Gewalt gegen Lehrkräfte“ herausgegeben, in dem besonders auf die Frage eingegangen wird: „Was passiert, wenn was passiert?“www.vbe-nrw.de
Für den Umgang mit verschiedenen Formen von Aggression und  Gewalt hält die Unfallkasse NRW vielfältiges Material bereit.https://www.unfallkasse-nrw.de

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